Experteninterviews

Der Handel beschleunigt sich - Wer kann mithalten?

Er war in führenden Positionen in der FMCG-Industrie tätig, zum Beispiel als Vizepräsident der Geschäftsführung und Marketingleiter der Metro AG. Seit Anfang 2016 unterstützt er nun auch POSpulse mit seiner Expertise als Advisor. Wir nutzten die Chance und interviewten ihn zu künftigen Entwicklungen im Handel.


Interview mit Diego Bevilacqua

Diego Bevilacqua hat über 40 Jahre Erfahrung im Lebensmittel- und Getränkehandel, sowie einen betriebswirtschaftlichen Hintergrund. 

Er war in führenden Positionen in der FMCG-Industrie tätig, zum Beispiel als Vizepräsident der Geschäftsführung und Marketingleiter der Metro AG, Regionaler Leiter bei Unilever und Co-Vorsitzender bei Pepsi-Lipton International, außerdem betreute er Bain & Company als Advisor. Seit Anfang 2016 unterstützt er nun auch POSpulse mit seiner Expertise als Advisor. Wir nutzten die Chance und interviewten ihn zu künftigen Entwicklungen im Handel.

Wie sieht die Zukunft des Handels aus? In welchem Ausmaß wird Technologie unser Shoppingverhalten in den nächsten drei Jahren verändern?

Über die Jahre, vor allem in den letzten 50-60 Jahren, hat sich der Handel in einer unglaublichen Geschwindigkeit gewandelt, Supermärkte, Selbstbedienung, Einkaufszentren sowie Cash & Carry sind nur einige Neuerungen. Auch das Verhalten der Konsumenten hat sich weiterentwickelt, die Art und Weise wie eingekauft wird ist nicht mehr linear. Heutzutage können Soziale Medien, Internetrecherche, Apps und Offline-Einkauf in jeder beliebigen Reihenfolge miteinander verknüpft werden. Die konventionellen Händler jedoch haben sich jahrelang an einen linearen Prozess gewöhnt.
Neue E-Händler haben andere Infrastrukturen, dennoch stoßen sie teilweise auf Probleme, da Kunden immer noch gewisse Produkte eigenhändig testen möchten. Viele versteckte Kosten werden im Moment noch nicht berücksichtigt, z.B. die Entsorgung von zusätzlichen Versandverpackungen und andere ökologische Aspekte, wie halbleere Lieferwägen, die zusätzliche Verkehrsbelastung und Verschmutzung verursachen.
In den nächsten drei Jahren werden wir mehr Technologie erleben, z.B. durch Virtual Reality, selbstfahrende Autos und Drohnen. Ich finde aber, die größte Änderung wird die Geschwindigkeit, mit der sich die Konsumenten an neue Technologien anpassen, vor allem die ‚ältere’ Generation, sowie Millionen von Menschen in Schwellenländern, wo Internetverbindungen gerade boomen.

Im Moment werden viele innovative Konzepte auf den Markt gebracht, z.B. Amazon Fresh, Click & Collect Boxen, Zustellung via Drohnen… nur um ein paar zu nennen. Was ist deiner Meinung nach DIE vielversprechendste Neuheit im Handel?

Laufend werden zahlreiche innovative Konzepte eingeführt. Ich sehe das größte Potenzial jedoch in Click & Collect, vor allem im Konsumgüterbereich. Im Bekleidungsgeschäft wird Virtual Reality das Rennen machen. Die Möglichkeit, sich selbst in verschiedenen Kleidungsstücken zu ‚sehen’, bevor man bestellt, ist sehr vielversprechend. Auch Einrichtungshäuser, sowie die Autobranche können stark von VR profitieren.
Ein weiterer interessanter Gedanke ist, dass Platz im Laden dazu genutzt wird, indirekt zu verkaufen. Metro C&C zum Beispiel hat Kochinseln oder kulinarische Zentren in manchen Stores. Konsumenten können dort Produkte probieren, die Zubereitung beobachten und ihre Ideen mit anderen teilen, so wird ein Gefühl von Zusammengehörigkeit und Unterstützung erzeugt.

Am Ende hängt es aber von vielen Faktoren ab, was funktioniert: Produkttyp, Umgebung – Stadt oder Land, Alter usw. Am wichtigsten ist, dass sich Unternehmen die Zeit nehmen, den Konsumenten in den Fokus zu rücken.

Wenn du traditionellen Händlern und Herstellern einen Rat zu den aktuellen Entwicklungen geben könntest, welcher wäre das?

Meine Empfehlung ist, sich die Zeit zu nehmen, um die Erfahrung der Konsumenten als multifunktionalen Weg zu verstehen und dann einen Startpunkt für ein Werte-Netzwerk zu finden. Um das zu schaffen, braucht es gemeinschaftliches und vernetztes Management, eigennützige Datensammlung muss eliminiert werden und Zusammenarbeit belohnt. So wird ein Modell gebaut, das auf vernetzten Werten zwischen den Mitgliedern baut. Dabei ist es wichtig, stets transparent zu bleiben und alle Beteiligten zu informieren. Es ist essentiell, Zeit mit Kunden zu verbringen, der persönliche Austausch im Geschäft muss genutzt werden. Neue Konkurrenten haben diesen nämlich nicht, sie müssen auf künstliche Algorithmen vertrauen.

In welchem Ausmaß können Händler von Kooperationen mit Startups profitieren?

Startups haben einen besonderen Blickwinkel, ohne die Last der Vergangenheit auf ihren Schultern. Händler sollen auf sie vertrauen, denn sie sind verantwortlich für die Mitgestaltung der Zukunft.

Und noch eine letzte Frage: Du bist Teil des POSpulse Advisor-Boards. Was war deine persönliche Motivation, POSpulse’ Vision zu unterstützen, die Marktforschung im Bereich des Handels zu revolutionieren?

Meine Motivation bei POSpulse einzusteigen war, mein gesammeltes Wissen mit neuen Herangehensweisen zu kombinieren. Und das mit einem klugen und hochmotivierten Management-Team. Ich liebe es, neue Dinge mit anderen aufzubauen.

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Bild: Diego Bevilacqua

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